Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg erging am 05.08.2021 ein Beschluss mit dem Aktenzeichen 8 UF 95/21, der die Auslegung der relevanten Absätze 2 und 3 des § 1600 BGB betrifft. Diese Abschnitte gewähren dem biologischen Vater ein (eingeschränktes) Recht zur Anfechtung der Vaterschaft. Das OLG interpretierte diese Bestimmungen anders als die Vorinstanz und zwar zum Nachteil des biologischen Vaters.
Gemäß § 1600 Absatz 3 haben biologische Väter das Recht zur Anfechtung, wenn zum „maßgeblichen Zeitpunkt“ keine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater besteht. Der Gesetzestext definiert jedoch nicht genau, wann dieser Zeitpunkt liegt. Falls eine solche Beziehung besteht, soll der biologische Vater den Familienfrieden nicht stören.
Die Frage, wann dieser „maßgebliche Zeitpunkt“ eintritt und welche Qualität die Bindung zum neuen Partner der Mutter haben muss, war in der Rechtsprechung seit Jahren umstritten.
Im vorliegenden Fall entschied das OLG Naumburg zugunsten der Sperrung des Anfechtungsrechts für den biologischen Vater. Es legte den spätestmöglichen Zeitpunkt fest: Wenn zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Anfechtungsverfahrens eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem neuen Partner besteht, sei die Anfechtung für den biologischen Vater nicht möglich.
Das OLG äußerte dabei Bedauern und räumte ein, dass der biologische Vater in diesem spezifischen Fall keine Möglichkeit hatte, die rechtliche Vaterstellung für sein Kind einzunehmen. Es betonte jedoch, dass dies eine Folge der gesetzlichen Regelung sei.